Gemeinsame Erklärung

Weidetiere konsequent vor dem Wolf schützen

Für die Umweltministerkonferenz Anfang Mai in Bad Saarow wurde gemeinsam mit den Weidetierhalterverbänden eine Gemeinsame Erklärung „Weidetiere konsequent vor dem Wolf schützen“ verabschiedet und zu Beginn der Ministerratssitzung dem Staatssekretär des Bundesumweltministeriums, Jochen Flasbarth, und den Umweltministern aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, Till Backhaus und Jörg Vogelsänger, übergeben.

Gemeinsame Erklärung von

Deutscher Bauernverband (DBV)
Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL)
Bundesverband Deutscher Ziegenzüchter (BDZ)
Bundesverband Rind und Schwein (BVRS)
Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN)
Bundesverband für landwirtschaftliche Wildhaltung

zur Umweltministerkonferenz am 3. bis 5. Mai 2017 in Bad Saarow

Weidetiere konsequent vor dem Wolf schützen

Die Ausbreitung des Wolfs in Deutschland sorgt für erhebliche Konflikte und Gefährdungen nicht nur für die Nutztierhaltung, sondern inzwischen auch für die ländliche Bevölkerung insgesamt. Deren Belange und Interessen werden aber bislang bei der Ausbreitung des Wolfs nur unzureichend berücksichtigt. Die flächendeckende Ausbreitung und das rasante Wachstum der Wolfspopulation stellt die Weidehaltung von Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden und Gehegewild im Grundsatz in Frage. Forderungen von Seiten des Naturschutzes, nach denen sich die Weidetierhaltung auf der Weide den neuen Gegebenheiten anzupassen hat, kehren das Verursacherprinzip um und sind nicht akzeptabel. Die Wiederansiedlung des Wolfes darf nicht uneingeschränkt und um jeden Preis vorangetrieben werden. Vielmehr müssen die Belange der Weidetierhaltung und der Landwirte sowie deren gesellschaftliche Leistungen im Natur- und Küstenschutz und in der Landschaftspflege angemessen berücksichtigt werden.

Die Verbände fordern von den Umweltministern des Bundes und der Länder:

  1. Der Schutz der Weidetierhaltung muss Kernanliegen des Naturschutzes werden und darf nicht dem Wolfsschutz untergeordnet werden. Die Weidetierhaltung darf gerade im Sinne des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Erhalts von Grünland und  von Biotopen sowie des Küsten- und Deichschutzes nicht dem Wolf als „Symboltier“ geopfert werden.
  2. Volle Transparenz über die Zahl der in Deutschland lebenden Wölfe und den tatsächlichen Erhaltungszustand der Wolfspopulation muss hergestellt werden. Dabei dürfen benachbarte und sich vermischende Populationen nicht getrennt in der Statistik geführt werden, um die Bestände künstlich klein zu rechnen. Von Seiten der Umweltminister von Bund und Ländern muss eine eindeutige Festlegung erfolgen, bei welcher Bestandshöhe der Erhaltungszustand gesichert ist.
  3. Der Schutz von Weidetieren vor Wölfen durch Zäune, Herdenschutzhunde oder andere Maßnahmen einschließlich des zusätzlichen Arbeitszeitaufwandes muss vollumfänglich, unbürokratisch und einheitlich finanziell gefördert werden. Dabei muss die gute fachliche Praxis der Einzäunung von Weidetieren zum Verhindern eines Ausbrechens von Weidetieren die Basis für eine finanzielle Förderung von Präventionsmaßnahmen sein und nicht der Standard zum Schutz der Weidetiere vor Übergriffen durch Wölfe. Es darf keine Tierart, Haltungs- oder Betriebsform benachteiligt werden.
  4. Durch Wolfsrisse entstehende Schäden müssen den Weidetierhaltern umfassend und unbürokratisch erstattet werden. Eine Entschädigung des Wertes der Tiere ist also unzureichend, alle Ertragsausfälle und Mehrkosten sind zu entschädigen. Dies muss auch für Folgeschäden von Wolfsangriffen gelten, wenn beispielsweise Weidetiere oder Herden vor Wölfen fliehen und zu Unfällen im Straßen- oder Bahnverkehr führen. Generell bedarf es einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Nachweises eines Wolfsrisses zugunsten der Weidetierhalter. Basis für den Ausgleich von Schäden muss die gute fachliche Praxis der Einzäunung von Weidetieren sein und nicht die wolfssichere Einzäunung.
  5. Für verhaltensauffällige Wölfe wird von Seiten des Naturschutzes häufig eine „Vergrämung“ als sinnvolle Lösung genannt. Diese funktioniert aber bisher in der praktischen Umsetzung nicht. Es muss verhindert werden, dass der Wolf durch bewusste oder zufällige Fütterung in die Nähe des Menschen gelockt wird und durch Spezialisierung auf Weidetiere faktisch zu einem Kulturfolger wird. Stattdessen ist eine konsequente und rasche Entnahme dieser verhaltensauffälligen Wölfe erforderlich. Zuständigkeiten für das Bestandsmanagement und die Vergrämung müssen hier bundesweit festgelegt werden.
  6. Weite Teile Deutschlands sind nicht sinnvoll durch Einzäunen vor dem Wolf zu schützen. Eine wolfsichere Umzäunung von Berg- und Küstengebieten, weiträumigen intensiv genutzten Grünlandregionen und Naturschutzgebieten ist nicht möglich. Die Umweltminister von Bund und Ländern sind gefordert, durch ein konsequentes Bestandsmanagement sicherzustellen, dass sich der Wolf nicht in diese Regionen ausbreitet und damit die Weidetierhaltung existentiell gefährdet. Dies ist nicht zuletzt im Sinne des Naturschutzes und Grünlanderhalts, des Küstenschutzes und der Biotoppflege erforderlich.

 

(Beispiel: Um im Landkreis Cuxhaven nach den Übergriffen auf Rinder in einem 50-Kilometer-Radius Grünland wolfssicher zu machen, müssten 180.000 Hektar gezäunt werden. Das entspricht einem finanziellen Aufwand von etwa 268 Millionen Euro)